Meine Hexenküche - Küchengeheimnisse und -genüsse des 15.-18. Jahrhunderts
(Rezepte, Geschichten, Rätsel und Reime)
"Da hast du ja was Leckeres für uns gezaubert!" - welcher Hobbykoch und welche -köchin
würden sich heutzutage nicht über ein solches Lob freuen, wenn es ihm oder ihr gelungen
ist, etwas ungewöhnlich Schmackhaftes - vielleicht sogar noch in außergewöhnlich kurzer
Zeit - zuzubereiten, um seine/ihre Lieben damit zu verwöhnen.
Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Schon früher verstanden sich Frauen darauf, mit
ihren Kochkünsten den geliebten Mann an Haus und Bett zu fesseln. Dabei nutzten sie immer
auch eine Vielzahl von Zutaten, denen sexuell anregende, Potenz und Fruchtbarkeit
fördernde Eigenschaften nachgesagt wurden und werden: Kräuter, Gewürze, Fleisch, Fisch...
Als "Lecker=Bißlein" oder "Delicatessen" bezeichnet das Frauenzimmer-Lexikon von 1715 die
"kostbaren raren und schmackhafften Speisen, so auf eine besondere Art in denen Küchen
zugerichtet werden, und welche das Weib mit ihrem Manne vor sich alleine zu verzehren
pfleget". Noch heute zu empfehlende Genüsse.
Bei meinen Recherchen über die Zeit der Hexenverfolgung (15.-18.Jh.) habe ich mich nicht
nur mit Prozessakten und Chroniken beschäftigt, sondern auch mit den damaligen
Lebensgewohnheiten: Essen, Trinken, Gartenbau...
Die Kochrezepte jener Zeit haben mich zum Nachkochen und Variieren animiert, zur Anzucht
von Kräutern und zur Nutzung von Wildkräutern und -gemüse.
Es waren durchaus nicht nur Außenseiter der Gesellschaft, die, besonders in Krisenzeiten,
zu "Sündenböcken" gemacht und der Zauberei bezichtigt wurden. Auch Fürstinnen, wie die
sächsische "Landesmutter" Anna, blieben von solchem Verdacht nicht verschont.
Nicht selten brachten außergewöhnliche Schönheit, haushälterische Fähigkeiten,
Wissensdrang und diverse Kenntnisse Frauen in die traurige Lage, der Hexerei bezichtigt zu
werden. Viele Frauen verfügten über umfangreiche Kräuterkenntnisse - die bei ihnen
beschlagnahmten Kräuter waren nichts anderes als ihre Gewürzvorräte und ihre "Hausapotheke"
für Krankheiten bei Mensch und Vieh.
Weil sie erfolgreicher wirtschafteten als andere, geschicktere Köchinnen waren, durch
besondere Sauberkeit und diverse Konservierungsmethoden verhinderten, dass ihnen der Rahm
im Butterfass und die Vorräte in den Kellern verdarben und sie mit ihren Kräuterkenntnissen
auch Krankheiten von Haus und Stall besser abzuwehren verstanden, zogen sie - besonders in
Notzeiten - den Verdacht auf sich, Zaubersche, Hexen oder Drachenhalterinnen zu sein.
Ihnen wurde häufig nachgesagt, sie brächten ihre Mitmenschen um den "Viehnutzen": um Eier,
Milch, Rahm, Butter und Käse. Sie würden Wein und Getreide stehlen und hätten einen
"Drachen", der ihnen Geld, Getreide und sogar fertige Mehlspeisen durch die "Feueresse"
liefere.
Eier, Wein, Butter und -schmalz, Käse und Rahm, Milchferkel und Geflügel wurden im späten
Mittelalter und in der frühen Neuzeit in den Küchen der Vermögenderen in beachtlicher
Menge verwendet. So wurden beim Kirmesschmaus eines begüterten Bauern im 16. Jahrhundert
zum Frühmahl und zum Nachtmahl je sechs reichhaltige Gänge gereicht.
Die Vielfalt der Kräuter, die um 1600 in den Gärten der Bürgerhäuser im Erzgebirge (!)
gezogen wurden, finden wir heute höchstens noch in der mediterranen Küche.
Sie wurden nicht nur zum Würzen, sondern auch zur Prophylaxe und zum Heilen verwendet,
denn man war überzeugt, dass es besser sei, die Medizin aus der Küche als vom Arzt zu
beziehen.
 Rezept: Feiner Spanferkelbraten nach Pilweissenart |
 Rezept: Apfelgeheimnis (verhüllte Frauenäpfel) |
© Regina Röhner