Der sächsische Prinzenraub
ERINNERUNGEN - ORTE, GEGENSTÄNDE, LEGENDEN UND SAGEN
Chemnitzer Verlag 1993 (4. erweiterte Auflage 2002)
ISBN: 3-928678-11-6
Schloss Altenburg
In Altenburg sind die historischen Räume nicht mehr vorhanden. Das Schloss wurde bereits im
16. Jahrhundert umgebaut. 1518 begann Kurfürst Friedrich der Weise - der Sohn des entführten
Prinzen Ernst - mit dem Neubau der kurfürstlichen Residenz. Dabei wurde auch das Wohngebäude
abgerissen.
Selbst die Stelle, wo sich die Entführung abspielte, ist nicht mehr zu erkennen, weil das
Schloss seit dem Neubau eine veränderte Gestalt aufweist. (Von der alten Bausubstanz sind nur
noch das spätgotische äußere Torhaus,der innere Torturm (15.Jh.), der Hausmannsturm (10.Jh.)
und der Mantelturm (11.Jh.) vorhanden.)
Im Museum wird heute noch der obere Teil der Garleiter gezeigt, die zur Entführung benutzt wurde.
In einer Vitrine ist das "Manifest an verschiedene Kur- und andere Fürsten, Kunz von Kauffungens
böse Handlungen betr." ausgelegt, welches der Kurfürst am 26.Juli 1455 verschicken ließ, um die
rasche Hinrichtung des Kunz von Kauffungen zu rechtfertigen, die damals beim Adel innerhalb und
außerhalb von Sachsen für Empörung gesorgt hatte.
Die in den Ausstellungsräumen gezeigten bildlichen Darstellungen (Entführung, Porträts der
kurfürstlichen Familie, der Verschwörer und des Köhlers) sind erst Jahrhunderte später entstanden.
Im Altenburger Schlossgarten ist heute noch eine der beiden "Prinzeneichen" zu sehen, die 1455
Kurfürstin Margaretha zum Gedenken an die Errettung ihrer Söhne pflanzte. Anlässlich eines
Schlossfestes wurden am 19.9.1992 zwei junge "Prinzeneichen" gesetzt.
In der Schlosskirche zu Altenburg befindet sich außer dem Bronzeepitaph für Kurfürstin Margaretha
(gest. 1486) auch eine Grabplatte für Mathilde von Waldenburg (gest. 1479). Sie war die Amme der
Prinzen Ernst und Albrecht.
Die "Prinzenhöhle"
Wilhelm von Mosen und Wilhelm von Schönfeld verbargen sich mit dem Prinzen Ernst und zwei Knechten
bis Freitag nahe der Burg Stein "im Walde in einer Steinritzen in großem ungeferte (in übler Lage)".
Wie Pfarrer Oesfeld schrieb, herrschte im 18. Jahrhundert im Erzgebirge verbreitet die Meinung, die
beiden Ritter hätten sich mit dem jungen Fürsten im "Raubschloss", also in den Ruinen der Isenburg,
in einer unterirdischen Höhle verborgen gehalten.
Die "Prinzenhöhle" wurde schließlich 1778 oder 1779 durch den Hartensteiner Diakon Johann Friedrich
Käufler wieder entdeckt. Käufler hatte sich bei seiner Suche von den aus Überlieferung und
historischen Dokumenten bekannten Merkzeichen leiten lassen:
- Die Höhle musste sich im Wald an der Mulde hinter Schloss Stein "bey der alten Eisenburg" und
nahe der alten Fränkischen oder Nürnbergischen Straße befinden.
- Laut kurfürstlichem Mandat sollte es sich dabei um keine eigentliche Höhle, sondern eher um eine
"Steinkluft oder Steinritz" handeln.
- Wie dem Brief der Ritter Mosen und Schönfeld an Veit von Schönburg zu entnehmen war, musste der
Ort leicht zu verteidigen aber nur schwer anzugreifen sein.
Anlass für die Suche und schließliche Wiederentdeckung der legendären Höhle war die für den 19.8.1779
geplante Vermählung des Hochgeborenen Grafen und Herrn von Hochberg und der Hochgeborenen Gräfin von
Schönburg. Die Höhle sollte dafür als historische Kulisse dienen.
Sie wurde vom Geröll befreit, das Strauchwerk am Höhleneingang wurde gerodet und auch der "Spazierweg"
am Ufer der Mulde "wieder hergestellt und bequem gemacht".
Schon zwei Tage zuvor richtete Baron von Kotzau für die Verlobten bei der Höhle "eine ergötzende
Lustbarkeit" aus.
Das Blattwerk der Laubbäume war durch zusätzliches Gezweig zu einem tief schattigen Dach verdichtet.
Unter diesem vergnügten sich dann beim Klang "versteckter Musik" die hochgeborenen Herrschaften und
ihre illustren Gäste.
Später ließ Graf von Schönburg unter dem 19. August 1779 eine lateinische Inschrift in den Fels
schlagen, die daran erinnerte, dass Prinz Ernst am 8., 9. und 10. Juli 1455 in dieser Höhle gefangen
gehalten wurde.
Der schwarze Stein auf dem Freiberger Obermarkt
Seit 1344 wurden in Freiberg die Gerichtstage im Rathaus abgehalten. Der Markt des Petrikirchspiels
(1259 als forum, dann nur als "Markt", erst gegen Ende des 16.Jh. als "Obermarkt" bezeichnet) war
die Richtstätte für "ehrenvolle" Hinrichtungen.
Unter dem Rathaus befinden sich noch heute die Verliese - in einem saß Kunz von Kauffungen gefangen.
Im Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg wird das Richtschwert der Stadt gezeigt - es wurde allerdings
erst um 1680 gefertigt.
Die Richtstätte ist durch einen dunklen Stein im Marktpflaster (gegenüber dem Rathauserker) noch
immer kenntlich.
Nach der Sage verwandeln sich Regenstropfen, die auf das schwarze Pflaster fallen, bisweilen in
Blutstropfen.
Freiberger Buben pflegten noch im 20. Jahrhundert den Brauch, kräftig auf diese markierte Stelle zu
spucken, wann immer sie dort vorüber kamen. Studenten der Bergakademie behaupten bis heute, das
bringe Glück - speziell vor Prüfungen.
Vom Erker des Freiberger Rathauses - den 1578 der Steinmetz Andreas Lorenz anfertigte - blickt ein steinerner Ritterkopf auf die Richtstätte herab. Der Freiberger Volksmund deutet ihn als das Haupt Kunz von Kauffungens...
St. Petri-Kirche
Bischof Caspar von Schönberg - das geistliche Oberhaupt der Mark Meißen - und dessen Bruder, der
Meißner Dompropst Dittrich von Schönberg, waren Kunz von Kauffungens Onkel. In einem Verzeichnis
der Bischöfe zu Meißen aus dem Jahre 1616 heißt es:
"Caspar von Schönberg/ dieser ist Cuntz Kauffungs Mutter Bruder gewesen... Als dieser befohlen/
daß man seinen gerichteten Ohmen den Cuntzen/ zu Freybergk in St Peterskirch/ ein gülden Stück auff
das Grab gelegt/ haben ihn die Hertzogen von Sachsen/ aus Vnwillen wider ausgraben/ vnd auff ein
Dorff/ Newkirch genand/ bestetigen lassen."
Der Bischof habe für seinen Neffen in der Freiberger St. Petrikirche auch eine Totengedenktafel
aufstellen lassen. Dieses Epitaph mit dem eingemeißelten Bild des Gerichteten und der Inschrift
"Anno a nato Christo MCCCCLV feria quarta post VII obiit strenuus" (im Jahre 1455 am vierten Tag
nach dem 10.Juli starb er gefasst) soll bis zum Brand 1728 in einem Winkel der Kirche gestanden haben.